Marialy Pacheco

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Interview Jörg Gebauer mit Marialy Pacheco am Fr den 4.03.2005

Hallo Marialy, erzähl mir,welchen Beruf haben deine Eltern ?

Meine Mutter ist die Direktorin eines sehr bedeutenden Chores in Kuba ­ VocaLeo, und der hat eine Menge Wettbewerbe gewonnen auf Kuba und auch im Ausland. Mein Vater ist ein bedeutender Musiker auf Kuba, er hat am russischen Tchaikowsky-Konservatorium Gesang studiert ­ für viele Jahre. Er war der Direktor der kubanischen Oper und ist jetzt Geangs-Professor an der Musikuniversität in Havanna.

Wie kamst du in Kontakt mit der Musik, zuhause, auf der Straße ?

In meiner Familie ist Musik allgegenwärtig. Meine Mutter, mein Vater, auch meine Tante, sie sind Sänger und ich wuchs auf mit Musik all die Jahre, mit der Oper, mit Bach, mit klassischer Musik, kein Jazz.
Als ich 15 war, kam ich auf die Musikhochschule, dort spielten viele der Schüler Jazz, in den Pausenräumen. Bis dahin wußte ich nichts über den Jazz, aber als ich dorthin kam, war ich völlig verrückt nach dieser Musik. Ich fing an, diese faszinierende Musik zu hören und dann selbst auszuprobieren. Ich besuchte Jazzclubs, mein Bruder unterstützte mich in dieser Hinsicht, auch Damien, mein damaliger Freund, ein Bassist. Sein Cousin ist der berühmte Pianist Roberto Fonseca, der Piano Spieler von Ibrahim Ferrer.

War das deine Entscheidung, das Piano zu spielen, oder kam die Idee von deinen Eltern ?

Das war definitv meine Entscheidung.

Gab es also ein Klavier bei euch zuhause ?

Ja, das Klavier von meiner Mutter. Als ich fünf oder sechs war, habe ich meinem Vater gesagt, dass ich ,das Ding' spielen wolle. Er sagte "ok, dann müssen wir in die Schule gehen und schauen, ob sie dir eine Chance geben". Und so bin ich zur Schule und hab die Prüfungen gemacht...

...aber du musstest erst üben, oder ?

Bein, am Konservatorium in Kuba prüfen sie erst mal deine physischen Qualitäten. Wenn du das Piano studieren willst, dann prüfen sie deine Hände, deine Arme, Schultern. Sie legen deine Finger auf das Piano und du mußt sie bewegen, du mußt zeigen, ob du einen Rhythmus halten kannst, klatschen, tanzen, singen. Eine Menge Kinder gehen in diese Prüfungen am Konservatorium, und daraus wählen sie 10-15 Kinder für eine musikalische Erziehung.

Das war sicher am Nachmittag, und vormittags bist du auf eine reguläre Schule gegangen ?

Es handelt sich um die gleiche Schule, am Konservatorium hat man reguläre Schulstunden am Morgen (ab 7.30) und am Nachmittag dann die Musikstunden, Harmonielehre, Gesang, Musiktheorie, Geschichte des Piano usw., das geht bis ca fünf, halb sechs am Nachmittag.

Das ist ja eine langer Schultag, wie sieht es da mit Freunden aus ?

Naja, ich hatte Freunde an der Schule, aber es war schon hart, weil du dich gegen das ,normale Leben' entscheiden mußt, du gehst nicht zu Parties, du hast nicht einfach Spaß, und wenn du um halb sechs nach Hause kommst, bist du sehr müde, un du mußt immer noch Klavier üben, und essen, und dann ins Bett, jeden Tag das Gleiche.

Hattest du auch Privatunterricht ?

Nein, nur meine Stunden mit meiner Lehrerin Rita Maria Leia, sie war meine Lehrerin für die ersten 6 Jahre, und danach, in der Hochschule gab es einen weiteren Lehrer, und immer ausschließlich klassische Musik.

Es gab also keinen Unterricht in traditioneller Musik, oder in Jazz ?

Nein, gar nicht.

Hast du auch Komposition und Gesang studiert ?

Ich habe vier Jahre lang Komposition studiert, bei einem der einflußreichsten Komponisten in Kuba, ab 2001, bei Julio Perenis an der Musikhochschule.

Mit 14 habe ich begonnen, den Chor meiner Mutter, also VocaLeo am Piano zu begleiten.

Erzähl' mir über das Festival der jungen Talente in Spanien.

Ich war dort mit 15 Jahren ­ zum ersten Mal ausserhalb meines Heimatlandes, allein, ohne meine Eltern. Der Direktor des Festivals war in Kuba, und er fragte meine Eltern, ob ich wohl interesiert wäre, an diesem Festival teilzunehmen, und meine Eltern meinten, da müssen wir unsere Tochter fragen, und ich sagte natürlich ja ­ und das war eine tolle Erfahrung, wirklich nett.

Bist du noch öfter außerhalb von Kuba gewesen ?

Ja, sicher. In Spanien war ich insgesamt drei Male, und dann im vergangenen Jahr in Deutschland.

Du hast auch in anderen Gruppen gespielt ?

Ja, bei Mezcla, und in Kuba habe ich mein eigenes Trio, alles junge Menschen, Studenten an Hochschulen für Musik, wir bekommen kein Geld für Konzerte oder Proben, we spielen, weil wir den Jazz lieben.

Haben sie auch auf deiner CD mitgespielt, die du als Preis für den Gewinn eines Klavierwettbewerbs auf Kuba machen durftest ?

Ja Ja, sie waren dabei, genauso wie der Flötist von Ibrahim Ferrer's Band, und Roberto Fonseca hat die CD produziert.
Mezcla ist eine Jazz-Fusion-Gruppe, ich habe da aber nur 2,3 Monate mitgespielt, weil ich keine zeit mehr für mich und meine Projekte hatte, es gab so viele Proben und Konzerte. Das war im Jahre 2004.

Was war für dich der Hauptgrund, dich dem Jazz zuzuwenden

Wie gesagt hörte ich an der Hochschule (in den Pausen) eine Menge Jazz, und dann haben wir viele Jazzclubs und berühmte Musiker, kein Mensch weiß warum, denn Jazz wird ja an den Schulen nicht gelehrt.

In welcher Form hast du dich denn über den Jazz informiert ?

Alle an unserer Schule lieben den Jazz, unter freunden haben wir CD's und DVD's getauscht, und Bücher. Wir haben ne Menge CD's und wir wissen immer, was gerade angesagt ist, weil wir den Jazz lieben. Wir leben dafür.

Wer sind denn deine musikalischen Helden ?

In Kuba sind das Ruben Gonzales und Chucho Valdez, von außerhalb ist Keith Jarrett mein absoluter Favorit, und auch noch Oscar Peterson .

Was hat deine Lehrerin dazu gesagt ?

Sie ist eine erstaunliche Frau, sie versteht, daß ich den Jazz liebe, sie meint aber auch, daß man in der Schule eben klassische Musik spielen muß. Sie ist eine sehr sehr gute Lehrerin, sie hat auch ihren Abschluß am Tchaikowsky-Konservatorium in Moskau gemacht.

Wann hast du begonnen zu komponieren ?

Alsi ch 14 Jahre alt war, aber keinen Jazz, und auch keine klassische Musik, vielleicht zeitgenössische Musik. Ich habe dann auch begonnen, für Orchester, Ensembles, für Stimme und Piano zu komponieren, ich hab das ja gelernt an der Musikhochschule.

Wie komponierst du denn. Setzt du dich hin, um etwas zu schreiben, oder kommt dir erst etwas in den Sinn, bevor du es niederschreibst ?

Manchmal kommt es mir in den Sinn, manchmal gehe ich die Straße entlang, ich habe eine Melodie im Kopf, dann renne ich nach Hause und setze mich ans Klavier. Aber manchmal setze ich mich auch bewußt hin und sag mir: jetzt mache ich eine Song in dem und dem Stil, in dem Tempo und mit einem bestimmten Klang.

Wo kommt die Inspiration her, aus der Fantasie ?

Es kommt von Herzen, es ist meine Art zu reden, mein Weg, eine Geschichte zu erzählen, es ist für mich der einzige Weg, wie ich mich wirklich ausdrücken kann...

Das Orchester spielt jedes Mal das Gleiche, nämlich das, was in den Noten steht, aber wenn du eine von deinen Kompositionen im Konzert spielst, dann ist es jedes Mal anders, oder ?

Ja, das ist die Magie des Jazz, du kannst einen Song 20 Mal spielen, und jedes Mal klingt er anders.

Der nationale Wettbewerb ,JoJazz', erzähl' mir, wie du den gewonnen hast.

Das ist ein Jazz-Wettbewerb für junge Leute an verschiedenen Instrumenten, der jedes Jahr ausgetragen wird. Der Kopf der Jury ist einer der wichtigsten Musiker in Kuba: Chucho Valdez. Für jedes Instrument gibt es drei Alterskategorien, und ich spielte in der jüngsten Kategorie. Mein damaliger Freund hat mich überzeugt, daß ich unbedingt daran teilnehmen müßte, weil es der einzige Weg sei, bekannt zu werden. Ich hatte so einen Schiß, weil es das erste Mal in der Öffetnlichkeit war, daß ich Jazz gespielt habe, und dann gleich bei solch einem wichtigen Wettbewerb. Ich sagte: Nein, das mache ich auf gar keinen Fall. Aber mein Freund beharrte darauf ­ ich müßte hingehen ­ und ich war die einzige Frau ! Sie schauten mich ganz verduzt an - was machst du hier, aber ich spielte, es war erstaunlich und ich gewann ! Von da an änderte sich mein Leben total, es riefen eine Menge Leute an und luden mich ein, bei ihren Konzerten mitzuspielen, z.B. in Clubs.

Der Name der CD, Bendiciones, Segnungen, erzähl' mir darüber, fühlst du dich gesegnet von deinen Lehrern, oder deinem Talent ?

Zuallererst ist das der Name eines der Songs auf der CD, ich habe ihn in Kuba komponiert, 4 Tage vor meinem Abflug nach Deutschland. Bendiciones drückt das Gefühl von Dankbarkeit aus, ich möchte meiner Familie danken, meiner Mutter und meinem Vater, meinen Freunden, meinem Land, ein Dank an das Leben, Dankbarkeit für die Chance,hier zu sein, die Chance, die Musik zu machen, die ich liebe. Das alles ist ein Segen ­ ich habe alles, was ich will ! Ich danke Gott, daß ich all dies bekommen habe.

Was ist mit den anderen Songs, wie und warum hast du sie ausgesucht ?

Weil ich Kubanerin bin, das ist in meinem Blut ! Meine Musik ist allerdings nicht total kubanisch, nicht mit der Clavé oder mit kubanischen Rhythmen, aber sie hat trotzdem dies kubanische feeling/Gefühl. Ich habe meine Gefühle in die CD einfließen lassen, es sind aber auch einige mehr traditionelle Songs dabei. Weil eine CD viele Menschen erreichen soll, Menschen, die sich mehr für traditionelle kubanische Musik interessieren, und Menschen, die Jazz lieben. Das mußte ich berücksichtigen, als ich die CD aufnahm.

Was ist mit den beiden Songs mit Mamel Aguirre ?

Das sind zwei traditionelle kubanische Lieder, ,Tres Palabras' und ,Veinte Años', aber neu arrangiert, mit einem Jazzgefühl, die sind sehr gut geworden, weil Mamel nicht aus Kuba, sondern aus Chile ist, und sie hat diese andere Farbe/Kolorierung in ihrer Stimme. Ihre Art zu singen ist aber trotzdem lateinamerikanisch, anders, aber interessant.

Kannte Mamel die Lieder vorher ?

Ich habe sie ein paar Tage zuvor gegeben, in Versionen von Omara Portuondo.

Wie hast du Eddie und David getroffen ?

Letztes Jahr war ich im Rahmen der Chorolympiade mit dem Chor meiner Mutter (VocaLeo) in Bremen. Und als mein Freund Martin Lugenbiehl mich Piano spielen sah, hat er mit meinen Eltern und mir gesprochen, ob ich nicht ein Jazzkonzert geben wolle mit anderen Bremer Musikern. Ich denke, er kannte David Jehn schon, so hat er mich ihm vorgestellt und ich habe David meine Musik gezeigt, die ich gerne spielen würde. Sie hat ihm gefallen, und so hat er Eddie Filipp angerufen und wir trafen uns für eine einzige Probe vor dem Konzert, am Tag vorher, und wir gaben ein wirklich wunderbares Konzert, das war echt nett.

Was magst du denn an ihnen so, und was ist anders im Vergleich zu deinen kubanischen Musikern ?

Der erste Unterschied ist, daß sie keine Kubaner sind !

Aber ist Musik keine universale Sprache ?

Ja, aber kubanische Musik ist keine universale Sprache ! Es ist anders, wirklich nett und cool ! Der Hauptunterschied ist ­ David und Eddie haben ihren Frieden gefunden, in Kuba , meine Musiker in kuba sind sehr gut, aber sie haben keinen Frieden, sie spielen mit so viel Leidenschaft, manchmal muss ich sie echt beruhigen, sie sind so jung...Das ist nicht besser oder schlechter, aber es ist anders. Verschiedene Farbgebungen. Kubanischer Jazz ist eine besondere Art des Jazz, viel mehr Rhythmen,andere Instrumente und ein anderes Lebensgefühl.

In Kuba hast du ja auch mit einem Trio gespielt...

Ja, Piano, elektrischer Bass und Perkussion. Kubanische Perkussion wie Timbales, Conga usw. Der Hauptunterschied ist also der elektrische Bass und die kubanische Perkussion, und vor allem, das Gefühl, das ist komplett anders.

Die Aufnahmesessions in Brauschweig, war das ein sehr schwieriger Prozeß, oder hast du dich wohl gefühlt mit Eddie und David ?

Das war erstaunlich , wir haben ja bloß zwei oder drei Tage gebraucht, und für mich war das unglaublich, huch, ist es schon fertig ? Wir waren den ganzen Tag im Studio, haben geprobt am Morgen, dann eine Mittagspause und dann aufgenommen bis um acht Uhr am Abend, Stück für Stück. Manchmal brauchten wir nur 2 oder 3 takes, das hörte sich bereits so gut an, daß wir es dabei beliessen.

Hast du Eddie und David erzählt, wie und was sie spielen sollen, oder hast du dein Piano gespielt und sie haben darüber nachgedacht, wie sie darauf eingehen sollten ?

Nein, wir haben über die Musik geredet, das Gefühl, manchmal habe ich gesagt, ich möchte das so hier, ich möchte dies oder jenes. Ich habe zwar Partituren geschrieben für David und Eddie, aber sie waren auch frei, den Arrangements etwas Eigenes hinzuzufügen. Das gefällt mir, die Noten sind der Ausgangspunkt, ich liebe aber die Freiheit in der Musik.

Welche Aussichten und Zukunftspläne hats du für dein Leben, für deine Karriere ?
Möchtest du komponieren, für andere, mit kubanischen Bands spielen oder solo, studieren, lehren ?

Das Einzige, was ich in meinem Leben machen möchte ist, das Piano zu spielen, vielleicht Jazz mein ganzes Leben, oder auch klassische Musik. Tatsächlich ist Jazz die wichtigste Musik für mich im Moment. Aber Morgen bietet mir vielleicht jemand ein Bach-Konzert an, und dann sage ich, ok, das machen wir. Aber es ist das Piano, das ist mir das Wichtigste im Leben. Ohne das kann ich nicht leben, deshalb ist es das, was ich mein ganzes Leben tun möchte ­ Piano spielen. Lehren vielleicht, ich habe es noch nie gemacht, muß man sehen.
Ich liebe die klassische Musik, aber ich kann nicht klassische Musik und Jazz gleichzeitig spielen, ich kann ein Konzert geben, aber nicht Beides zur gleichen Zeit, es ist ein total anderes Gefühl, wie, als ob man in einer anderen Welt wäre...