Eine weltumspannende Rhythmus-Reise
Perkussionsinstrumente sind nicht gerade eine
offensichtliche Wahl für einen Musikschüler, in einem Land, das
einige der großen klassischen Komponisten hervorgebracht hat, dessen
Folk-Musik aber weitgehend in die Hände von schlagerseligen Schallplatten-
und Fernsehproduzenten geraten ist. Vielleicht gerade weil deutsche Folk-Musik
abseits von Schmalz und Kitsch nach dem zweiten Weltkrieg so verkümmert
ist, graben heute so viele nach außereuropäischen Musiktraditionen,
das gilt für die jüngsten Strömungen im HipHop- und Housebereich
ebenso wie für Experimente mit afrikanischen, lateinamerikanischen
oder arabischen Rhythmen. Nur so ist es zu erklären, warum Berlin vermutlich
eine höhere Bauchtänzerinnendichte hat als Kairo, und daß
- egal wohin Du kommst - in Westafrika immer ein Dutzend lernwilliger Deutscher
um einen Meistertrommler sitzen.
Eine Entwicklung, die von wirklichen Meistertrommlern
wie Mustapha Tettey Addy aus Ghana oder Dudu Tucci aus Brasilien in Gang
gesetzt wurde - beide lebten bzw leben lange Zeit in Deutschland - und die
noch lange nicht abgeschlossen ist. Im Schneeballverfahren geben die Schüler
von Addy, Tucci oder Mamady Keita ihre Fingerfertigkeiten, ihr Rhythmusfeeling
in ungezählten Workshops weiter. Teil dieser Entwicklung ist es, daß
die deutschen Schüler der großen Meister eigene Ideen ausbrüten,
dabei stärker als ihre Lehrer verschiedene Traditionen miteinander
verbinden, und sehr vorsichtig auch verschüttete heimische Folktraditionen
aufgreifen und in ihre "GLOBALE DORFMUSIK" integrieren.
Der Schwerpunkt der folgenden Zusammenstellung
liegt auf deutschen oder in Deutschland beheimateten Gruppen und Musikern,
die sich von Schülern zu künstlerisch aktiven Lehrern entwickelt
haben. Sie beschränken sich dabei nicht auf die Reproduktion von Traditionen,
sondern öffnen sich in ihren Kompositionen für unterschiedliche
Einflüsse und Kulturen.
Verschiedene: The Soul of Percussion
WW 115-2
Ohne jeden pädagogischen Anspruch gehen wir
mit "The Soul of Percussion" auf eine fantasieanregende musikalische
Weltreise, die in einem 1000-Seelen-Dorf irgendwo zwischen Kiel und Hamburg
beginnt, dann tief in die afrikanische Seele eintaucht, anschließend
die indo-arabische Kunst der Ornamentation würdigt und schließlich
über den andalusischen Flamenco zurück zu ihrem Ausgangspunkt
findet.
Gemeinsam ist allen 13 Titeln dieser Rhythmusreise,
daß sie - Musik ist eine universale Sprache !? - ohne Worte auskommen,
und daß sie den Hörer zum Tänzer werden lassen: Rhythm is
a dancer !
In der norddeutschen Tiefebene beheimatet, fühlt
sich das Projekt um den Multi-Instrumentalisten Olaf Plotz dem Gedanken
der globalen Dorfmusik verbunden. Akustische Instrumente, aber auch alltägliche
Gebrauchsgegenstände werden auf ungewöhnliche Art und Weise kombiniert.
Dadurch entsteht ein unerwartetes Klangabenteuer, das das platte Land mit
den Weiten der afrikanischen Steppe und sonnigen karibischen Palmenstränden
verbindet.
Quinta
Feira (sprich: "Kinta Fära") heißt auf portugiesisch
'Donnerstag'. Dies ist der Tag, an dem die rund dreißig Sambistas
um den Hamburger Musiker und Bandleader Paul Lazare ihre wöchentliche
Probe abhalten. Musikalischer Ausgangspunkt war die Samba Percussion von
brasilianischen Afro-Blocos wie Olodum und Timbalada, im Laufe des 5jährigen
Bestehens sind jedoch viele weitere Stile hinzugekommen wie der Funk, HipHop
oder afrokubanische Elemente.
Geboren in Sierra Leone, dann jedoch aufgewachsen
bei der Mutter in Gambia, baute Nelson- Homiah schon früh seine eigenen
Trommeln, zunächst aus Kartons und Dosen. Später lernte er die
traditionellen Rhythmen und Lieder auf der Djembé und dem Balafon.
Seine Arbeit bei der Royal Air Force führte ihn nach Zypern und Gibraltar,
bis er in Berlin landete, wo er bis heute lebt. Nach dem Ende seiner Militärzeit
tourte er mit den Percussionbands 'Africa Mma' sowie 'Senegambia' und gründete
das afro-karibische Projekt 'Mag la Ria'. Seiner 1996 erschienen ersten
Solo-CD 'Heartbeat' soll 1998 eine zweite folgen.
Obwohl der Sänger, Musiker, Schauspieler
und Choreograph Dénagan Janvier Honfo seit Jahren in Deutschland
lebt, pflegt der Künstler einen engen Kontakt zu seinem Heimatland
Benin, wo er kürzlich eine Preisverleihung an die besten Musiker aus
Benin moderierte. Selber hat er schon seit frühester Kindheit an vielfältigen
internationalen Festivals teilgenommen, am Wettbewerb von Radio France International
ebenso wie an einem Kulturfest der UNESCO. Neben zwei traditionell gehaltenen
CD's, die seine Arbeit als Percussionist hervorheben, hat er auch eine Afropop-CD
mit der Gruppe Azuka sowie ein Projekt mit Entspannungsmusik auf die Beine
gestellt.
Ifang Bondi ("Be yourself") aus Gambia
haben eine ungewöhnliche Bandgeschichte hinter sich: Ihr musikalischer
Direktor Badou Jobe war einer der Stars bei den 'Super Eagles', die in den
60er Jahren ganz Westafrika in einen Highlife-Taumel versetzten. Auf dem
Höhepunkt ihrer Karriere lösten sie sich auf, um tiefer in die
Tradition der Griots einzutauchen. Gut 20 Jahre verbreiten Ifang Bondi ihren
rootsigen 'Afro - Mandingue Sound' nun auf ungezählten Tourneen, neben
den Arrangements für das volle Band-Instrumentarium sind es die wilden
Percussion - Einlagen, die immer wieder für Verzückung beim Publikum
sorgen.
Die elf Südafrikaner sind auf internationalen
Konzertbühnen ebenso regelmäßig zu finden wie in den Schulen
ihrer Heimat, wo sie den 'verwestlichten' Kids ihr Wurzeln nahebringen.
Neben den ausgefeilten Tanzchoreographien ist es vor allem die surrende,
schwebende und treibende Percussion, die die tranceartigen Qualität
ihrer Musik ausmacht, hier in einer Hommage an den Kubaner Changuito, der
'Mandela's Lieblingsband' auf ihrer ersten internationalen Produktion auch
unterstützt hat.
Eine unerschöpfliche Spielfreude kennzeichnet
den Musiker und Pädagogen Pedro Weiß, der seit über 15 Jahren
seine Schüler auf eine 'Entdeckungs-reise Rhythmus' schickt. Er selbst
begibt sich immer wieder auf musikalische Weltreisen, auf denen er magische
Klangbilder aus den Kulturen des Orients, Afrikas und Lateinamerikas aufspürt
und in seinen ganz eigenen Musizierstil integriert. Der 39jährige Musiker
machte weitgefächerte Erfahrungen mit Salsa-, Samba-, Pop- und Jazzformationen
und nahm bereits zwei Solo-CD's auf.
Seit 15 Jahren ist der in Köln
lebende Ramesh Shotham ein begehrter Studiomusiker, seine u.a. im legendären
Karnataka College of Percussion erworbene Fingerfertigkeit veredelte mehr
als 75 Produktionen aus dem Jazz- und Worldmusic - Bereich. Der quirlige
indische Meisterperkussionist arbeitet für Radio - und Fernsehstationen,
er reist mit Hilfe des Goetheinstitutes durch die halbe Welt und stellte
nebenbei drei eigene Gruppen auf die Beine: 'Madras Spezial', 'Xillob' und
eben 'Bhavani'.
Mokhtar Al Said hat seine musikalische Karriere
vor über 30 Jahren als Akkordeonist für so berühmte ärabische
Sänger wie Om Kalsoum und Abdel Halim Hafez begonnen. Fast ebenso lange
arbeitet er als Komponist für das nationale Radio Ägyptens, er
arrangierte unter anderem die Nationalhymne seines Landes. Für das
'Raks Sharki (=orientalischer Tanz) - Projekt' der Tänzerin Jalilah
nahm er - zusammen mit dem Orchestra El Ferka Mesaya - bisher vier CD's
auf. Da der Hauptakteur äußerst fotoscheu ist, finden wir hier
eine Abbildung von Jalilah, die die Kompositionen zusammenstellte.
Der Ägypter Sayed Balaha hatte schon im Alter
von acht Jahren seinen ersten Konzertauftritt im Kairoer Rundfunk, dem wegen
seines großen Erfolges viele weitere Sendungen folgten. Der Tabla-
und Darbouka-Spieler begleitete seitdem alle namhaften orientalischen Tänzerinnen,
u.a. Nagua Fouad, mit der er 1989 nach Berlin kam. Hier arbeitete er als
Lehrer für Tabla und orientalischen Tanz, und er gründete mit
anderen ägyptischen Musikern die Egypt Stars, mit denen er zahlreiche
Konzerte in ganz Europa gegeben hat. Nach seiner ersten Solo-CD 'The devil
and the dancer' erschien im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit der Band
eine zweite Veröffentlichung.
Als musikalischer Direktor und Arrangeur der Salamat-Projektes
hat der Percussio-nist Mahmoud Fadl auf drei Veröffentlichungen vor
allem die nubischen Elemente der ägyptischen Musik einem westlichen
Publikum nahegebracht. Kürzlich trommelte der Darabuka-Conga-Djembé
-Tabla-Tar-Duff-Spieler befreundete Musiker zusammen, um mit ihnen auf eine
Entdeckungsreise entlang des Nil zu gehen - mit den Tanzrhythmen, die ihn
seit seiner Geburt begleiten.
Eine erstaunliche Karriere hat diese spanische
Flamenco-Percussion-Gruppe hinter sich: Vor zehn Jahren gründeten Sozial-arbeiter
ein Workshop-Projekt in der Siedlung "El Torrejòn", einem
Ghettoviertel der Industriestadt Huelva in der Nähe von Sevilla. Dort
gab es große Drogenprobleme, und dieser Workshop schien ein geeignetes
Mittel, um die Jugendlichen von der Straße zu holen. Zunächst
wurden Hände, Füße und Mülltonnen als Perkussionsinstrumente
verwendet, bevor Auftritte in Kneipen Geld für 'richtige' Instrumente
brachten. Seit 1993 hat sich aus diesem Work-shop heraus ein Kern von 8-10
festen Musikern gebildet, der eine CD aufnahm und Flamencosänger wie
Enrique Morente und Carmen Linares begleitet hat. Auftritte beim bedeutensten
Flamencofestival Spaniens sowie bei der Womex Weltmusik-Messe bildeten die
bisherigen Höhepunkte der Bandgeschichte.
Hinter dem Projektnamen 'Global Drummer' verbirgt
sich der 39jährige Trommler Donald Holtermans, der vor 20 Jahren seine
Rhythmusversessenheit entdeckte und bei den Masterdrummern Mustapha Tettey
Addy (Ghana) sowie Pandit Badri Maharaj (Indien) tiefe Einblicke in sehr
verschiedene Kulturkreise gewann. Neben Tanzbegleitung und - performance
hat er in unterschiedlichen Bands gespielt ("Ganja Band", "Koo
Wulu") und zusammen mit Johannes Heinen das 'Piano & Drums'-Projekt
auf die Beine gestellt. Nach der Mitwirkung an vier CD-Produktionen erscheint
1998 seine erste Solo-CD, auf der der Ruf der Trommeln ein sehr persönliches
Echo findet.
Im Oktober 1998 hat der 'Global
Drummer' seine erste eigene CD veröffentlicht,natürlich bei
Weltwunder Records.
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